Stadtgeschichte von Prag
Prags heutiger Grundriss geht auf den Premysliden-König Ottokar II. (1253-78) zurück, der die Stadt in drei Verwaltungsbezirke einteilte: Hradcany (Burgvorstadt), Mála Strana (Kleinseite) und Staré Mesto (Altstadt). Die auf der anderen Seite des Flusses lebende jüdische Gemeinde wurde von der Kleinseite ins Josefov-Ghetto umgesiedelt, um für deutsche Händler Platz zu schaffen.
Die Blütezeit der Stadt begann mit der Ernennung Karl IV. von Böhmen im Jahr 1346 zum Heiligen Römischen Kaiser. Eine ehrgeizige gotische Bauphase - u.a. errichtete man den St.-Veits-Dom, die Karlsbrücke, die Universität und die Nové Mesto (Neustadt) mit dem Wenzelsplatz als Mittelpunkt - machte die Stadt zu einer der größten und mächtigsten in Europa. Auf die Herrschaft der Habsburger reagierte man Ende des 18. Jahrhunderts mit tschechischem Nationalismus, der seine Autorität wieder geltend machte. Die Entwicklung eines nationaltschechischen Baustils während des gesamten 19. Jahrhunderts brachte weitere Veränderungen; später folgte der Abriss des jüdischen Ghettos für die Errichtung von Jugendstilgebäuden. Prag ist heute eines der bedeutendsten jüdischen Zentren in Mitteleuropa. Die jüdischen Denkmäler im Zentrum der Stadt, insbesondere das Jüdische Rathaus und die sechs Synagogen, sind absolut sehenswert.
Am Ende des ersten Weltkrieges wurde die Tschechoslowakei gegründet. Von der Zensur und den Zwängen des Österreichisch-Ungarischen-Reichs befreit, begann in Prag eine neue Blütezeit. Neue Kunststile wie Art Deco, Kubismus und Funktionalismus wurden übernommen und auch selbst weiterentwickelt. Sehr viele Einflüsse kamen aus Amerika, denn in Prag war man gerne bereit, die moderne Kultur der Jazz-Zeit anzunehmen. Doch wahrte Prag dennoch stets seine einzigartige Identität.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Land von den Nazis besetzt und verbrachte anschließend gut fünf Jahrzehnten unter der sowjetischen kommunistischen Herrschaft, die 1968 im Prager Frühling alle Versuche, mehr Demokratie zu erlangen, unter dem Gewicht der russischen Panzer brutal erdrückte. Doch nicht einmal die jahrzehntelange Unterdrückung durch die Nazis und die Kommunisten schaffte es, den tschechischen Geist zu besiegen.
Der Tschechische Geist blieb unerschrocken. 1989, als die Berliner Mauer fiel, befreiten sich die Tschechen schließlich während der Samtenen Revolution vom Kommunismus. Bald darauf folgte die Samtene Teilung, als der slowakische Teil der alten Tschechoslowakei sich dazu entschied, seinen eigenen Weg zu gehen.
Mit Dichter und Präsident Vaclav Havel an der Spitze wurde Prag zur Drehscheibe der postkommunistischen osteuropäischen Wiederbelebung. Auswanderer strömten in den 1990er Jahren in die Stadt, die schnell eine Energie entwickelte, die sich mit der im Paris der 1920er Jahre vergleichen ließ. Diese Energie nach der Samtenen Revolution ist zu einem gewissen Grad verblasst, und heutzutage gibt es so viele Ausländer wie Tschechen auf den Straßen. Die Stadt ist ein beliebtes Reiseziel und ein Handelszentrum.
Prag hat sich grundlegend vom krassen sozialen Realismus befreit, und es gelang der Metropole, ihren traditionellen Ruf als führende Kulturstadt zurückzugewinnen. Als eine der Kulturhauptstädte Europas im Jahr 2000 wählte Prag das Thema des städtischen Wandels - eine Idee, die sich viele Jahre hielt, da die Stadt ihrer aufregenden Rolle im neuen Jahrhundert heute noch freudig entgegensieht. Im Jahr 2004 trat die Tschechische Republik der Europäischen Union bei, was die Bedeutung und Beliebtheit der Stadt weiter zementiert.