Stadtgeschichte von Toronto
Toronto wurde im 18. Jahrhundert zunächst von den Franzosen in Besitz genommen, wurde jedoch erst durch den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, der Horden britischer Loyalisten (United Empire Loyalists) in die Stadt fliehen ließ, zu einer richtigen Siedlung. Der damals als York bekannte Ort hatte einen äußerst englischen Charakter und fungierte als Hauptverwaltungsstadt des englischsprachigen Oberkanadas. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Ort zu einem blühenden Industriezentrum. 1834 wurde er nach dem Wort der Huronen-Indianer für "Treffpunkt" in Toronto umbenannt.
In den folgenden 100 Jahren erlebte die Stadt eine Wachstumsexplosion. Angetrieben durch eine Kombination von Einwanderung, hohen Geburtenraten und der aufkeimenden Industrie, wuchs die Bevölkerung von 30.000 im Jahre 1851 auf über 1 Million in den 1950er Jahren. Als ein Großbrand 1904 in Toronto ein riesiges Gebiet der Innenstadt zerstörte, krempelten die Torontonianer einfach ihre Ärmel hoch, bauten die Stadt wieder auf und ließen sie weiter gedeihen.
Als die Stadt weiter wuchs, begann sie einen beeindruckenden Ruf für Industrie und Handel zu entwickeln. Ein neues Abwassersystem wurde gebaut, um der wachsenden Bevölkerung gerecht zu werden. Die Eisenbahn kam, verband Toronto mit den Upper Great Lakes und brachte mehr Touristen in die Stadt. Dank der milden Gesetze expandierte die Destillationsindustrie, bis Toronto das größte Zentrum der Alkoholdestillation in Nordamerika wurde.
Abgesehen von dieser Ausschweifung war das Toronto des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eine gesetzestreue Stadt, wo Vorschriften erlassen und nur selten missachtet wurden; das Hauptinteresse galt dem Geldverdienen. Deshalb kam Toronto in den Ruf, eine konservative, langweilige Hochburg des Protestantismus zu sein, und dieser Ruf hängt der Stadt im gewissen Maße noch heute an. Ältere Bürger können sich noch an die Zeiten erinnern, als die Stadt sonntags völlig zum Stillstand kam, und man nur in einigen wenigen feinen Restaurants Wein bekommen konnte.
Gegen Ende der fünfziger Jahre brachten jedoch zahlreiche Einwanderer neue Speisen, neue Sprachen und vor allem eine neue Lebensart nach Toronto. Als erste kamen Italiener, Portugiesen und Osteuropäer, gefolgt von Immigranten aus der Karibik, Asien und Indien. So entstanden die faszinierenden ethnischen Viertel der Stadt - Greektown, Little Italy und Chinatown. Allmählich entwickelte Toronto einen multikulturellen nordamerikanischen Charakter und schüttelte seine von der Kolonialzeit geprägte Identität ab, obgleich noch Überbleibsel davon erhalten geblieben sind, wie z.B. die Pubs im englischen Stil und die tief verwurzelte Gewohnheit, in den konservativen Clubs und Vereinen vor dem Essen noch einen Trinkspruch auf die englische Königin auszubringen. Ähnlich verhält es sich mit der Architektur der Stadt: Auf den ersten Blick erscheint sie genau wie jede andere amerikanische Großstadt, wenn auch saubererer. Bei näherer Betrachtung aber entdeckt man gut erhaltene viktorianische und edwardianische Gebäude sowie unzählige englische Kneipen.
Das Toronto von heute ist eine lebhafte, kultivierte Stadt. Es ist wirtschaftlich die wichtigste Stadt Kanadas - das Finanz-, Medien- und Dienstleistungszentrum des Landes. Mehr große Unternehmen haben hier ihren Hauptsitz als in irgendeiner anderen kanadischen Großstadt. Abends vergnügen sich die Einwohner in den zahlreichen Restaurants, Bars und Clubs oder beim Konzert, in der Oper oder im Theater. Mehr als alles andere wird Toronto aber von seiner Bürgerschaft bestimmt, die freundlich, tüchtig und eine der multikulturellsten der Welt ist.